Feierlicher Bürgerempfang zum Tag der Deutschen Einheit
Annabell Steiner Der Tag der Deutschen Einheit ist nicht nur ein bedeutendes historisches Ereignis, sondern auch ein Symbol für den Zusammenhalt und die Stärke unserer Gesellschaft – gerade in herausfordernden Zeiten. In Neuenrade ist dieser Feiertag am 3. Oktober mit einem besonderen Blick auf die Bedeutung von Gemeinschaft und Vereinsleben gefeiert worden. Die Stadt hatte alle Bürgerinnen und Bürger zum Bürgerempfang in die Schützenhalle Affeln eingeladen – sehr viele folgten der Einladung.
Bürgermeister Antonius Wiesemann berichtete, dass die Stadt sich zwischen 1991 und 2019 mit rund 11,6 Millionen Euro am Fonds „Deutsche Einheit“ beteiligt hat. Aber auch personell und materiell habe Neuenrade die Partnerstadt Klingenthal vor allem in den Anfangsjahren unterstützt. Das Stadtoberhaupt betonte zudem die besondere Rolle den Neuenrader Vereine, die Verbindungen im Osten Deutschlands knüpften.
In diesem Jahr legte Antonius Wiesemann in seiner Rede bewusst den Fokus auf den Westen, das Sauerland und auf Neuenrade. „In all der Zeit haben wir uns vergessen. Es schien, als würde bei uns immer alles gut laufen, als wäre es selbstverständlich, dass die Dinge funktionieren. Aber auch hier hatten und haben wir große Herausforderungen zu bewältigen.“
Er erinnerte exemplarisch an große Projekte, die seit der Wende verwirklicht wurden: „In Neuenrade wurde das Freibad aufwändig saniert, Straßen wurden erneuert, Feuerwehrhäuser gebaut. Wir haben Kunstrasenplätze bekommen, in Küntrop wurde unsere Turmhügelburg Motte errichtet, die Villa am Wall entwickelte sich zu einem schmucken Ort für Trauungen und Konzerte und in unseren Schulen hielt die Digitalisierung Einzug.“
An Herausforderungen nannte der Bürgermeister unter anderem die Flüchtlingskrise 2015/16. In Richtung Berlin, auch zwei Bundestagsabgeordnete waren unter den Gästen, sagte er: „Bis heute zieht sich dieses Thema durch unser Land. Vieles wurde geleistet, insbesondere ehrenamtlich, aber die Politik hat bis heute keine umfassende Lösung gefunden. Unsere Kommune ist an ihrer Kapazitätsgrenze. Es ist 12 Uhr!“
Gleichzeitig warnte er erneut vor einem Rechtsruck der Gesellschaft. Er berichtete, dass die AfD in Klingenthal bei den Landtagswahlen auf 34,6 Prozent gekommen ist. Etwas provokant fragte er: „Wackelt im Osten unsere Demokratie?“ Weiter führte er aus: „Es ist bedenklich, dass extreme Parteien an Einfluss gewinnen, was auf die Unzufriedenheit und das Gefühl der Perspektivlosigkeit in Teilen der Bevölkerung hinweist. Doch wir dürfen den Osten nicht auf diese Entwicklung reduzieren. Unsere Demokratie steht fest auf starken Fundamenten, die von Millionen Menschen getragen werden, die sich aktiv für ein demokratisches Miteinander einsetzen.“ An die Zuhörer appellierte er: „Deshalb müssen wir wachsam bleiben, aber auch mit Zuversicht nach vorne blicken. Unsere Demokratie wackelt nicht, solange wir gemeinsam daran arbeiten, sie zu stärken und dafür sorgen, dass alle Menschen in unserem Land eine Stimme haben und gehört werden.“
Anschließend hob er die Bedeutung der Arbeit der vielen Neuenrader Vereine hervor. „Was sie tagtäglich für den Zusammenhalt unserer Gemeinschaft tun, ist von unschätzbarem Wert. Sie sind für uns ein Rückhalt, sie stärken die Gemeinschaft und den Heimatgedanken.“
Ebenso unterstrich Antonius Wiesemann den hohen Stellenwert der familiengeführten Unternehmen. „Wir können uns vieles leisten, weil sie hier vor Ort stark und verwurzelt sind. Die Gewerbesteuer ist eine wesentliche Einnahmequelle für uns als Kommune. Mehr noch: Viele Unternehmen übernehmen gesellschaftliche Verantwortung. Eine ganze Reihe von ihnen ist für mich als Bürgermeister immer ansprechbar, wenn starke Partner gebraucht werden.“
Dann stellte der Erste Bürger die Pläne vor, wie die Burgschulerweiterung verwirklicht werden könnte. „Mit dem neu geschaffenen Bürgerenergiegesetz hat das Land NRW eine verpflichtende finanzielle Beteiligung von Bürgern und Gemeinden an den Erträgen von Windparks beschlossen. Wir hoffen, dass wir diese Mittel zur Finanzierung der Burgschulerweiterung mit einsetzen können.“
Abschließend sagte er: „Die Zukunft hält viele Herausforderungen für uns bereit, aber ich bin zuversichtlich, dass wir sie gemeinsam bewältigen können. Lassen Sie uns diesen Tag der Deutschen Einheit nutzen, um uns zu erinnern, aber auch um gemeinsam nach vorne zu blicken. Sehr geehrte Damen und Herren, im Osten wie im Westen sollten wir meines Erachtens deutlich öfter unsere Unzufriedenheit gegen Dankbarkeit austauschen.“
Klingenthals Oberbürgermeisterin Judith Sandner berichtete von den vielen Entwicklungen in ihrer Stadt. Zudem würdigte sie die Partnerschaft mit Neuenrade: „Diese Verbindung ist ein lebendiges Zeichen für Freundschaft, Zusammenarbeit und den unermüdlichen Geist des Miteinanders. Unsere Partnerschaft hat nicht nur unsere Städte, sondern auch unsere Herzen miteinander verbunden. Dafür möchte ich Ihnen allen von Herzen danken.“
Den Bürgerpreis 2024 der Stadt Neuenrade verlieh Antonius Wiesemann an das Team Kinderbasar aus Affeln. Die Bürgerpreisträger sowie die Schützenkönigspaare aus dem Stadtgebiet trugen sich an diesem Tag in das Goldene Buch der Stadt Neuenrade ein.
Musikalisch wurde der Bürgerempfang vom Musikverein Neuenrade sowie Sängerin Carina Alessandria aus Küntrop mit Pianist Sebastian Hoffmann gestaltet. Mit „Gruß aus Klingenthal“ und „Über sieben Brücken musst du gehen“ hatten die Musiker überaus passende Stücke gewählt.